Kollektivist oder Individualist? Kulturelle Unterschiede beim Gruppenverhalten!

Haben Sie viele lockere Bekanntschaften? Oder doch einen engen, festen Freundeskreis? Vielleicht sogar seit Kindheitstagen? Wir stellen Ihnen die weltweit wichtigsten Unterschiede beim Gruppenverhalten von Menschen vor. … Was ist für Sie drin? Durch den Artikel erfahren Sie, wie Sie Ihre internationale Arbeit einfacher und vor allem effektiver gestalten können!

Individualismus

Individualistische Menschen sorgen sich mehr um sich selbst als um Andere. Dementsprechend wird bei Entscheidungen, die Individualisten treffen, meist nur auf das eigene Leben geschaut. Auswirkungen auf andere Menschen aus dem eigenen sozialen Umfeld werden dabei oft nur wenig bedacht.

Individualisten verweilen nur kurz in einer Gruppe und wechseln ihren Umgang nach Lust und Empfinden. Zum Beispiel unternimmt man etwas mit Bekannten aus dem Fußballverein, um tags darauf mit Arbeitskollegen ein Bier trinken zu gehen. Wiederum später trifft man sich mit Freunden, die man vielleicht aus dem Fitnessstudio kennt, um dann einen Kurzurlaub mit einer Internetbekanntschaft zu unternehmen. Besonders ist hierbei, dass sich die verschiedenen Personen/Gruppen untereinander meist nicht oder nur flüchtig kennen.

Ein Kollektivist würde all diese Unternehmungen mit ein und denselben Personen unternehmen. Sollte dies nicht möglich sein, würde er – um seine Zugehörigkeit zur Gruppe zu demonstrieren – auf gewünschte Aktivitäten lieber verzichten, als diese mit fremden Personen zu unternehmen.

Der Wechsel zwischen verschiedenen Gruppen ist im Individualismus sehr leicht, da die anderen Menschen in dieser Kultur auf dieselbe Weise leben.

Diese Kulturdimension geht meist einher mit einer geringen Arbeitsloyalität und vielen Umzügen. So wird zum Beispiel ein besseres Jobangebot angenommen und somit gegen die Vertrautheit der alten Arbeitsstelle eingetauscht: „Man findet ja leicht wieder neue Freunde.“

Selbst die Familie spielt für individualistische Personen keine so große Rolle. Man hat meist nur Kontakt zu ganz engen Familienmitgliedern und selbst das ist kein Muss: Versteht man sich mit seinen Eltern oder Geschwistern nicht, dann hat man unter Umständen gar keinen Kontakt. Auch die Pflege von alten Menschen wird meist durch Altersheime übernommen.

Bittet man einen Menschen aus einer individualistischen Kultur um eine Einschätzung einer anderen Person, wird diese Bewertung nur aufgrund des einzelnen Menschen, nicht aufgrund seiner Gruppenzugehörigkeit getroffen.

Individualismus finden Sie tendenziell am meisten in den folgenden Kulturen:  USA, Großbritannien, Niederlande, Skandinavien, Deutschland, Kanada

Kollektivismus

Im Kollektivismus steht das Wohl der eigenen Gruppe im Mittelpunkt. Jedes Individuum gehört einigen wenigen Gruppen an [zum Beispiel einer Familie, einem Arbeitsplatz, einem engen Freundeskreis]. Jede Entscheidung, die dieses Individuum trifft, wird vorher mit den Zielen der betroffenen Gruppe abgestimmt. So würde ein Kollektivist niemals eine Entscheidung treffen, ohne die Auswirkungen auf die damit verbundene Gruppe abzuwägen. Mitunter entscheidet sogar die Gruppe [zum Beispiel der Älteste in einer Großfamilie], was ein Mitglied tun oder nicht tun darf.

Es ist dabei oft der Fall, dass diese Gruppen überlappen: Beispielsweise setzt sich der Freundeskreis gleichzeitig aus Arbeitskollegen, die vielleicht ebenso Familienmitglieder sind, zusammen.

Bittet man einen Menschen aus einer kollektivistischen Kultur um eine Einschätzung eines anderen Menschen, wird diese Bewertung aufgrund der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit getroffen. Ist es eine angesehene Gruppe [zum Beispiel ein sehr guter Arbeitgeber oder eine stadtbekannte Großfamilie], wird auch der dazugehörige Mensch positiv eingeschätzt.

Kollektivisten fallen durch eine sehr hohe Loyalität gegenüber ihren Gruppen auf. Ist man einmal vollständig Teil einer Gruppe geworden [was bei neuen Mitgliedern Jahre dauern kann], bietet man ihr meist lebenslange Loyalität und bekommt im Austausch dafür den materiellen und sozialen Schutz aller Mitglieder.

Die im Kollektivismus vorherrschende Bindung an die eigene Gruppe führt zu einer starken Abgrenzung gegenüber anderen Gemeinschaften. Gegenüber Menschen, die nicht der eigenen Gruppe angehören, zeigen Kollektivisten also komplett andere Verhaltensweisen als gegenüber vertrauten Personen.

Man hat oft intensive Beziehungen zur eigenen Familie; auch zu sehr weitläufigen Verwandten. Selbst dann, wenn man sich nicht sehr gut versteht: Familie ist viel wert. Man kümmert sich beispielsweise auch selbst um alte Verwandte und gibt dies nicht an ein Altenheim ab.

Ein weiteres Beispiel ist der Freundeskreis: Kollektivisten tendieren dazu, ein und dieselben Freunde bis an ihr Lebensende zu behalten. Auch wenn durch äußere Umstände mehrere hundert Kilometer dazwischen liegen.

Im Zuge dessen ist auch die Arbeitsloyalität in kollektivistischen Kulturen meist sehr hoch. Hier ist es keine Seltenheit, dass ein besseres Jobangebot aus Loyalität zur eigenen Gruppe abgelehnt wird. Auch, weil man woanders nicht so schnell wieder neue Freunde findet.

Kulturen, für die Kollektivismus typisch ist, sind: Japan, Malaysia, die arabische Halbinsel, Indien, Türkei.

Denken Sie dabei bitte auch an kleine Dörfer in Deutschland: Wer einmal als „Neuling“ nach Oberkrailingsheim, Bückow oder Deutschneudorf gezogen ist, wird sicher schnell bemerken, dass man Kollektivismus auch in Deutschland vorfinden kann.

Tipps, Tricks und Strategien

Achtung: Bleiben Sie locker im Kopf! 🙂 Die im Artikel genannten Länder tendieren zum einen oder anderen Stil. Das heißt aber keinesfalls, dass dies auf alle Menschen im jeweiligen Land zutrifft.

Was können Sie tun? Wir haben Ihnen eine Übersicht mit Tipps, Tricks und Strategien für den Umgang mit beiden Stilen erstellt. Hier erfahren Sie mehr!

Dieses Thema ist – neben vielen weiteren Kulturunterschieden – Teil unserer länderübergreifenden interkulturellen Trainings.


Über Markus Eidam

Nach meinem insgesamt vierjährigen Aufenthalt in verschiedenen Ländern dieser Welt bin ich seit dem Jahr 2004 Geschäftsführer bei den Auslands-Experten von Eidam & Partner. In jüngeren Jahren habe ich Interkulturelle Kommunikation, Erwachsenenbildung und Psychologie studiert und mich zum Trainer, Coach und Personalfachwirt der IHK ausbilden lassen. Unser Unternehmen bietet Ihnen Interkulturelles Training, Interkulturelles Coaching, Consulting und eLearning zu 80 Zielländern.
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