Deutschland und Österreich teilen bisweilen nicht nur eine gemeinsame Geschichte, Sprache und Tradition, sondern sind auch direkte Nachbarn. Doch Achtung – trotz alledem gibt es einige kulturelle Unterschiede, die Sie bei der Kommunikation und Interaktion mit Österreichern beachten sollten.
Was assoziieren Sie mit Österreich? Vielleicht die Alpen, Skifahren, Sachertorte oder Sissi? Alles richtig! Aber wussten Sie auch, dass sich immer mehr deutsche Fach- und Führungskräfte in diesem Alpenstaat niederlassen? Nach aktuellen Studien lebten und arbeiteten dort im letzten Jahr rund 140.000 Deutsche [Tendenz steigend]. Gründe dafür sind meist der bessere Arbeitsmarkt sowie ein höheres Grundeinkommen. Doch ganz ohne Schwierigkeiten geht dieser Prozess für viele Deutsche nicht vonstatten, was u. a. an den divergierenden kulturellen Werten liegen kann. Da diese aufgrund der geografischen Nähe gern unterschätzt werden, wollen wir in unserem heutigen Blog-Beitrag auf die wichtigsten kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Österreichern eingehen.
Beginnen wir mit einem offensichtlichen, aber „trügerischen“ Punkt: Österreicher und Deutsche sprechen die gleiche Sprache, pflegen jedoch einen eher gegensätzlichen Kommunikationsstil. Während sich in Deutschland klar und eher direkt ausgedrückt wird, ist dies in Österreich nicht der Fall. In unserem Nachbarland steht vielmehr der Aufbau einer guten Beziehung sowie einer angenehmen Gesprächsatmosphäre im Vordergrund, weshalb dort tendenziell indirekt kommuniziert wird. Da dieser Punkt vielen nicht bewusst ist, kann es daher auf beiden Seiten schnell zu Missverständnissen kommen.
Kommunizieren Sie nicht zu „deutsch“
Versuchen Sie, zwischen den Zeilen zu lesen, denn viele Österreicher machen selten „klare Ansagen“ wie hierzulande, sondern bevorzugenvorsichtige Andeutungen. Halten auch Sie sich daher mit zu direkten Formulierungen zurück! Weniger ist in diesem Fall mehr. Sollten Sie zudem in die Situation kommen, bspw. im beruflichen Kontext Kritik überbringen zu müssen, gehen Sie wie folgt vor: Tun Sie dies unter vier Augen, nähern Sie sich langsam dem gewünschten Punkt und drücken Sie sich bedacht und vor allem höflich aus! Ein eher „deutsches“ Feedback empfinden die meisten Österreicher als sehr „hart“ und würde Ihnen im Umkehrschluss vermutlich übel genommen werden.
Ein weiterer Unterschied zu unserem Nachbarland betrifft den Umgang mit Strukturen, Regeln oder auch zeitlichen Absprachen. Wobei diese in Deutschland meist als „in Stein gemeißelt“ betrachtet werden, herrscht in Österreich eine wesentlich flexiblere Grundhaltung. Entsprechende Vereinbarungen und Vorgaben existieren selbstverständlich auch, dienen aber eher einer groben Orientierung und können je nach vorliegender Situation angepasst werden. Daher werden Österreicher in diesem Zusammenhang auch gern mal liebevoll als „Schlawiner“ bezeichnet. Wundern Sie sich also nicht, wenn z. B. zuvor festgelegte Deadlines oder angesetzte Termine nicht immer eingehalten werden, denn dies wird in Österreich nicht als unprofessionell angesehen.
Do’s and Don‘ts für Ihren Arbeitsalltag
- Berücksichtigen Sie, dass Österreich und Deutschland bis heute ein tendenziell zwiespältiges Verhältnis zueinander haben. Dies geht u. a. auf den immer wieder aufkommenden Leistungsvergleich sowie den damit einhergehenden „Rivalitätsgedanken“ dieser beiden Nationen zurück. Sollte dieses Thema bei z. B. einem Meeting oder einem informellen Zusammensein mit Kollegen aufkommen und sich in diesem Zuge „stichelnd“ über Deutschland bzw. Deutsche geäußert werden, gehen Sie entspannt damit um! Es ist keinesfalls persönlich gegen Sie gerichtet.
- Darüber hinaus spielen Status, Auszeichnungen und auch Titel in diesem Alpenstaat eine wichtige Rolle. Beachten Sie dies, wenn Sie sich z. B. Ihrem österreichischen Geschäftspartner vorstellen. Nennen Sie daher am besten Ihre Position im Unternehmen, aber auch Ihre akademischen Titel. Da dies hilft, den Gesprächspartner richtig „einzuordnen“, legen die meisten Österreicher großen Wert auf diesen Punkt.
- Ferner sollten Sie jede Gelegenheit nutzen, Ihr eigenes Netzwerk aufzubauen. Dabei ist es egal, ob es sich um den privaten oder beruflichen Kontext handelt. Denn Vitamin B ist auch in Österreich von Bedeutung, da auf diese Weise viele Informationen verbreitet sowie Entscheidungen getroffen werden.
Wie Sie sehen, gibt es trotz der geografischen Nähe einige kulturelle Besonderheiten, die Sie beim Umgang mit Österreichern im Hinterkopf behalten sollten.
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Literaturempfehlungen zu interkulturellen Trainings
1 Herbrand, Frank [2002]: „Fit für fremde Kulturen. Interkulturelles Training für Führungskräfte“, Bern/Stuttgart/Wien: Verlag Paul Haupt.
2 Kempen, Regina/Schumacher, Svenja/Engel, Anna Maria/Hollands, Lisa [2020]: „Interkulturelle Trainings planen und durchführen: Grundlagen und Methoden“, Göttingen: Hogrefe-Verlag
3 Mazziotta, Agostino [2016]: „Interkulturelle Trainings: Ein wissenschaftlich fundierter und praxisrelevanter Überblick [essentials]“, Wiesbaden: Springer Fachmedien-Verlag
4 Fetscher, Doris/Hinnenkamp, Volker [1994]: „Interkulturelles Kommunikationstraining und das Managen der interkulturellen Situation“, in: „Sprache und Literatur“ 74/1, 67-89
5 Müller-Jacquier, Bernd/ten Thije, Jan D. [2000]: „Interkulturelle Kommunikation: interkulturelles Training und Mediation“, in: Becker-Mrotzek, M./Brünner, G./Cölfen, H. [Hrsg.]: „Linguistische Berufe“, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien: Lang, 39-57.