Amerikaner messen die Welt mit zum Teil anderem Maß. Dies kommt als einfacher Beleg, beispielsweise bei Maßeinheiten zum Tragen. Was bei uns Meter und Zentimeter sind, sind in den Vereinigten Staaten Zoll, Fuß und Meilen. Weitere Beispiele sind der Umgang mit Sexualität, Nacktheit oder Alkohol, die im Alltag eher ausgeblendet werden, obwohl die mediale Welt etwas anderes suggeriert. Oder der Umgang mit Waffen, welcher vor Ort viel präsenter ist als in Deutschland. Doch woher rühren diese unterschiedlichen Ansichten und Maßstäbe?
In vielerlei Hinsicht gelten Dinge, die für das europäische Auge umständlich sind, für Amerikaner als richtig. Durch die europäischen Wurzeln ist man dazu geneigt, eine große Ähnlichkeit der amerikanischen Gesellschaft mit der eigenen vorauszusetzen. Häufig ist dies ein Trugschluss, denn die USA waren für die Gründer ein Gegenprojekt zu Europa. Gerade deshalb ist es wichtig, amerikanische Konventionen in ihrer Logik zu begreifen und nicht bekannte Maßstäbe anzulegen.
Zwischen Deutschen und Amerikanern führt vor allem der unterschiedliche Umgang mit Nähe und Distanz häufig zu Missverständnissen. Amerikaner treten in der Regel sehr aufgeschlossen auf und reden jeden sofort mit Vornamen an. Auf der anderen Seite aber wachen sie streng über ihre Privatsphäre und halten stets einen Sicherheitsabstand ein. Was bedeutet dies nun für Ihren Arbeitsalltag und den Umgang mit Amerikanern?
Auswirkungen auf das Business
Obwohl es als normal gilt, in den USA seinen Chef zu duzen und dieser auch immer als ansprechbar erscheint, geht es nichtsdestotrotz im Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten nicht ganz so locker zu. Amerikanische Vorgesetzte achten sehr darauf, dass man die Hierarchie der Sache respektiert.
Zwischen einzelnen hierarchischen Ebenen herrscht oftmals ein hohes Maß an Respekt. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass in amerikanischen Augen Macht durch Leistung erreicht wird: Wer oben steht, hat hart dafür gearbeitet und verdient die Anerkennung der hierarchisch Untergebenen. Daher ist Macht oft auch direkter umsetzbar. Mitarbeiterführung findet in den USA in der Regel „top-down“ statt, also von oben nach unten.
Auch unter Kollegen hat der lockere Umgang strikte Grenzen. Denn zweideutige Scherze oder leichte Berührungen, können eine Klage wegen sexueller Belästigung nach sich ziehen. Für uns ist das mitunter ein Widerspruch! Für Amerikaner ist das verbindliche Freundlichkeit, aber keine Einladung zu Vertraulichkeiten oder respektlosem Verhalten. Auch ein netter Small Talk mit einem neuen Kollegen im Vorbeigehen bedeutet nicht, dass man sich automatisch beim nächsten Aufeinandertreffen mit an den Tisch in der Cafeteria setzen darf. Dies wäre eine erzwungene längere Begegnung und wird häufig als unangenehm empfunden.
Gerade beim Thema Small Talk ist Vorsicht geboten. Ein lockeres Essen mit einem Geschäftspartner ist Small-Talk-Territorium, bei dem sich keiner kritisiert oder gekränkt fühlen sollte. Kontroverse Themen wie Politik [Republikaner oder Demokrat?], Patriotismus und Religion sollten daher gemieden werden. Geeignete Themen sind vielmehr Sport, die Arbeit, Kinofilme und das Wetter.
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Literaturtipps rund um interkulturelle Trainings und das Zielland USA
1 Herbrand, Frank [2002]: „Fit für fremde Kulturen. Interkulturelles Training für Führungskräfte“, Bern/Stuttgart/Wien: Verlag Paul Haupt.
2 Knapp, Karlfried [1995]: „Interkulturelle Kommunikationsfähigkeit als Qualifikationsmerkmal für die Wirtschaft“, in: Bolten, Jürgen [Hrsg.]: „Cross Culture – interkulturelles Handeln in der Wirtschaft“, Sternenfels/Berlin: Verlag Wissenschaft [&] Praxis, 8-23.
3 Kainzbauer, Astrid [2002]: „Kultur im interkulturellen Training. Der Einfluss von kulturellen Unterschieden in Lehr- und Lernprozessen an den Beispielen Deutschland und Grossbritannien“, Frankfurt a. M./London: IKO-Verlag für Interkulturelle Kommunikation.
4 Müller-Jacquier, Bernd/ten Thije, Jan D. [2000]: „Interkulturelle Kommunikation: interkulturelles Training und Mediation“, in: Becker-Mrotzek, M./Brünner, G./Cölfen, H. [Hrsg.]: „Linguistische Berufe“, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien: Lang, 39-57.
5 Fetscher, Doris/Hinnenkamp, Volker [1994]: „Interkulturelles Kommunikationstraining und das Managen der interkulturellen Situation“, in: „Sprache und Literatur“ 74/1, 67-89.