Der Begriff Guan Xi bezeichnet die zwischenmenschlichen Beziehungen und Netzwerke, ohne die in China kaum etwas zustande kommt. Lesen Sie in unserem heutigen Beitrag, wie Sie als Geschäftsmann Teil dieser Netzwerke werden können und was es dabei zu beachten gilt.
Generell ist es so, dass Sie ohne Beziehungen in China keinen geschäftlichen Erfolg erzielen können. Schon Baugenehmigungen oder Formulare, die einem von Rechtswegen zustehen, können nur durch persönliche Kontakte erlangt werden. Im Gegensatz zu Deutschland sind persönliche Beziehungen in China wichtiger als ein schriftlicher Vertrag!
In China werden Business-Kontakte meist nur mit Menschen unterhalten, zu denen man eine sehr dauerhafte, belastbare und vertrauensvolle Beziehung pflegt. Die Grundlage dafür sind deckungsgleiche Interessen, wobei gilt: Je höher die hierarchische Stellung oder der Einfluss des Partners ist, desto stärker ist auch das Guan Xi. Daher ist es das Ziel eines jeden Geschäftsmanns, ein funktionsfähiges Beziehungsnetzwerk nach oben hin aufzubauen. Bitte beachten Sie dabei, dass diese persönlichen Kontakte viel Zeit kosten, dass sie oft nicht käuflich sind und dass sie gern bei Geschäftsessen aufgebaut werden!
Kein Vertrauensvorschuss
Bevor jedoch eine stabile Vertrauensbasis entstehen kann, bedarf es nicht nur viel Zeit, sondern auch zahlreichen Kompromissen. In westlichen Geschäftskulturen ist es üblich, dem Partner einen Vertrauensvorschuss zu gewähren, um so zu einem schnellen Vertragsabschluss zu gelangen. In China ist das jedoch vollkommen anders. Hier ist es notwendig, zuerst eine gute Beziehung zu dem Geschäftspartner aufzubauen, dann kommt es zum Vertrag zwischen den beiden Unternehmen. Dieser ist dann ein erster Schritt in Richtung der zwischenmenschlichen Harmonie.
Ist man einmal Mitglied in einem Netzwerk aus Beziehungen, gilt es diese zu pflegen und auszubauen, um so eine Vertrauensbasis zu schaffen. Auf dieser Grundlage können dann Gefallen erbeten und Verträge geschlossen werden. Für viele Deutsche stellt jedoch die Gegenseitigkeit von Gefallen und Gegengefallen ein Problem dar. Zum einen kann sich der Gefallen auf den privaten Bereich erstrecken, zum anderen wird er oftmals sehr indirekt geäußert.
Das Funktionieren von Guan Xi kann man am ehesten mit den Aussagen eines deutschen und eines chinesischen Geschäftsmanns erklären:
- Der Deutsche sagt: „Warum sollten wir befreundet sein? Wir wollen doch Geschäfte miteinander machen!“
- Der Chinese sagt: „Warum sollten wir Geschäfte machen? Wir sind ja nicht einmal befreundet!“
Mittelsmann und Kickback
Für den Aufbau von lang anhaltenden und vertrauensvollen Geschäftskontakten zu chinesischen Kunden und Kooperationspartnern sind zwei weitere Faktoren hilfreich: der Mittelsmann und das sogenannte Kickback. Das Kickback ist klar von der Korruption abzugrenzen. Denn anders als bei Korruption, werden keine illegalen Dinge bewerkstelligt, sondern lediglich Vorgänge, wie z.B. das Ausstellen von Dokumenten, beschleunigt.
Der zweite nützliche Faktor ist der Mittelsmann, der ein unersetzliches Bindeglied zwischen westlichen und chinesischen Unternehmen darstellt. Seine Funktion ist es, Kontakte zu knüpfen, Vertragsverhandlungen in Gang zu setzen sowie Sie bei der Akquise von Kunden und Lieferanten zu unterstützen. Der Mittelsmann sollte dabei zum Vertrautenkreis des Unternehmens gehören, mit dem Sie in Zukunft zusammenarbeiten wollen. Ein weiterer Vorteil eines chinesischen Mittelsmannes ist auch, dass er die Feinheiten der chinesischen Sprache kennt. Er kann somit Stimmungen aufnehmen sowie durch sein inhaltliches und beratendes Feedback viel mehr als ein reiner Übersetzer leisten.
Interkulturelles Training China
Sind in diesem Zusammenhang auch weitere Themen wie Geschäftsreisen, Projektarbeit sowie Kollegenkontakte mit Chinesen für Sie von Interesse, empfehlen wir Ihnen unser Interkulturelles Training China.
Unter folgendem Link finden Sie alle Artikel zum Zielland China.
Literaturempfehlungen rund um interkulturelle Trainings und das Zielland China
1 Herbrand, Frank [2002]: „Fit für fremde Kulturen. Interkulturelles Training für Führungskräfte“, Bern/Stuttgart/Wien: Verlag Paul Haupt.
2 Kempen, Regina/Schumacher, Svenja/Engel, Anna Maria/Hollands, Lisa [2020]: „Interkulturelle Trainings planen und durchführen: Grundlagen und Methoden“, Göttingen: Hogrefe-Verlag
3 Mazziotta, Agostino [2016]: „Interkulturelle Trainings: Ein wissenschaftlich fundierter und praxisrelevanter Überblick [essentials]“, Wiesbaden: Springer Fachmedien-Verlag
4 Fetscher, Doris/Hinnenkamp, Volker [1994]: „Interkulturelles Kommunikationstraining und das Managen der interkulturellen Situation“, in: „Sprache und Literatur“ 74/1, 67-89
5 Müller-Jacquier, Bernd/ten Thije, Jan D. [2000]: „Interkulturelle Kommunikation: interkulturelles Training und Mediation“, in: Becker-Mrotzek, M./Brünner, G./Cölfen, H. [Hrsg.]: „Linguistische Berufe“, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien: Lang, 39-57.