Der Umgang mit Hierarchie ist erfahrungsgemäß eines der wichtigsten Themen in der beruflichen Kommunikation. Vereinfacht betrachtet gibt es weltweit zwei verschiedene Stile mit jeweils unterschiedlichen Vor- und Nachteilen: den hierarchie-orientierten Stil und den Stil mit möglichst flachen Hierarchien. Unser Artikel verrät Ihnen wichtige Hintergründe zu beiden Seiten.
Flache Hierarchien
In Kulturen, die flache Hierarchien bevorzugen, werden alle Menschen als ebenbürtig angesehen. Zum Beispiel sind Frauen den Männern in vielerlei Hinsicht gleichgestellt: Autorität, Aufgabenverteilung, Familienrolle, Berufsleben, … und das nicht nur auf dem Papier. Selbstverständlich existieren auch hier gewisse Hierarchien, beispielsweise gibt es in Unternehmen ebenso Vorgesetzte und Angestellte. Die Rangordnungen sind jedoch sehr flach. Zudem gibt es für höherstehende Personen keine besondere Bevorzugung. Titel [wie zum Beispiel Professor, Doktor] oder Abschlüsse [Dipl.-Ing.] sind nicht wichtig für das Ansehen einer Person. Es zählt das, was man kann und nicht das, was man ist.
Eine besondere Hochachtung gegenüber älteren Menschen gibt es ebenfalls nur in geringem Maße. Da alle Menschen gleichgestellt sind, hat jedes Individuum das Recht, Personen in höheren Positionen in Frage zu stellen und offen zu kritisieren. Das Einbringen von eigenen Ideen und Verbesserungsvorschlägen ist von jeder Person erwünscht; auch von denen, die sich nicht in Entscheidungspositionen befinden.
In Kulturen, die flache Hierarchien bevorzugen, werden von allen Mitarbeitern Entschlussfähigkeit, Initiative und selbstständiges Arbeiten verlangt. Jeder Angestellte soll im Rahmen seines Kompetenzbereichs eigene Entscheidungen treffen. Auch dann, wenn er keine hohe Stellung bekleidet. Rücksprachen mit Vorgesetzten gibt es oft nur, falls der zu treffende Beschluss eine höhere strategische Bedeutung hat. Länder, in denen tendenziell flache Hierarchien herrschen, sind beispielsweise Skandinavien, Niederlande, Kanada, mit Abstrichen auch die USA und Deutschland, …
Hierarchie-orientierter Stil
In Hierarchie-Kulturen wird es als selbstverständlich angesehen, dass gewisse Menschen über andere gestellt sind; so zum Beispiel Männer über Frauen, Chefs über ihre Angestellten oder Reiche über Arme. Diese Unterscheidung wird meist als natürlich angesehen und von den Beteiligten oft nicht in Frage gestellt.
Folgende Elemente können den Status einer Person bestimmen:
- Alter
- Geschlecht [Männer stehen meist über Frauen]
- Herkunft [Abstammung aus einer angesehenen Familie]
- Ausbildung [je besser die Ausbildung, desto höher der Status]
- Dauer der Zugehörigkeit zu einem Unternehmen [je länger, desto besser]
Eine Rangeinordnung nach dem Alter wird auch als sogenanntes „Senioritätsprinzip“ bezeichnet. In dem Falle gilt: Je älter ein Mensch ist, desto angesehener ist er aufgrund seiner Lebenserfahrung. Dies stellt einen teilweise extremen Gegensatz zu Kulturen dar, in denen alle Menschen nach ihrem Können behandelt werden. Dort gilt man ab einem gewissen Alter eher als hilflos und schwach.
In einer hierarchie-orientierten Kultur begegnet man einer ranghöheren Person grundsätzlich mit viel Respekt: Die Sprache ihm/ihr gegenüber ist höflich und formal. Einer rangniederen Person gegenüber kann eine herablassende Sprache durchaus angemessen sein. Das Kritisieren von höhergestellten Personen ist in Hierarchie-Kulturen undenkbar. Dies ist auch dann der Fall, wenn offensichtlich ist, dass ein Vorgesetzter in einem gewissen Punkt falsch liegt. Das Benutzen von Titeln und Abschlüssen [auf Visitenkarten, in Signaturen, beim Ansprechen und Vorstellen von Personen] ist sehr wichtig.
Ein selbstständiges Arbeiten ist unter Umständen nicht besonders ausgeprägt. Es wird sich eher an die Vorgaben der Vorgesetzten gehalten; schließlich werden diese dafür auch besser bezahlt. Folglich warten Angestellte tendenziell auf explizite Arbeitsanweisungen.
Entscheidungen werden oft nur von Vorgesetzten getroffen. Ein Beschluss [sei er auch noch so klein] muss im Zweifelsfall immer dem Chef vorgelegt werden. Aus diesem Grund kann eine Entschlussfindung durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen [beispielsweise, falls eine zuständige Person nicht erreichbar ist]. Sofern Sie keine höhere Position innehaben, gilt das Vorbringen von eigenen Ideen oft als nicht erwünscht. Länder, in denen man tendenziell auf viele hierarchie-orientierte Menschen trifft, sind beispielsweise China, Japan, Indien, Südamerika, Türkei und der arabische Raum, …
Tipps, Tricks und Strategien
Achtung: Bleiben Sie locker im Kopf! 🙂 Die im Artikel genannten Länder tendieren zum einen oder anderen Stil. Das heißt aber keinesfalls, dass dies auf alle Menschen im jeweiligen Land zutrifft. Was können Sie tun? Wir haben Ihnen eine Übersicht mit Tipps, Tricks und Strategien für den Umgang mit beiden Stilen erstellt. Hier erfahren Sie mehr!
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Literaturempfehlungen rund um interkulturelle Trainings
1 Herbrand, Frank: „Fit für fremde Kulturen. Interkulturelles Training für Führungskräfte“, Bern/Stuttgart/Wien: Verlag Paul Haupt.
2 Kempen, Regina/Schumacher, Svenja/Engel, Anna Maria/Hollands, Lisa: „Interkulturelle Trainings planen und durchführen: Grundlagen und Methoden“, Göttingen: Hogrefe-Verlag
3 Mazziotta, Agostino: „Interkulturelle Trainings: Ein wissenschaftlich fundierter und praxisrelevanter Überblick [essentials]“, Wiesbaden: Springer Fachmedien-Verlag
4 Fetscher, Doris/Hinnenkamp, Volker: „Interkulturelles Kommunikationstraining und das Managen der interkulturellen Situation“, in: „Sprache und Literatur“ 74/1, 67-89
5 Müller-Jacquier, Bernd/ten Thije, Jan D.: „Interkulturelle Kommunikation: interkulturelles Training und Mediation“, in: Becker-Mrotzek, M./Brünner, G./Cölfen, H. [Hrsg.]: „Linguistische Berufe“, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien: Lang, 39-57.